Waldorfkindergarten Großhadern

Kindergarten

Pädagogisches Konzept

Im Kindergarten werden in der Regel 44 Kinder in drei Kleingruppen von jeweils einer Erzieherin und einer Kinderpfleger/in bzw. Praktikant/in betreut.

Die pädagogische Arbeit unseres Kindergartens basiert auf der von Rudolf Steiner entwickelten Waldorfpädagogik. Eine der zentralen Annahmen dieser Pädagogik ist, dass die menschliche Entwicklung in Sieben-Jahres-Zyklen erfolgt. Der erste Zyklus beginnt mit der Geburt und endet mit dem Zahnwechsel. In diesem Lebensabschnitt ist die Schaffung einer gesunden physischen Grundlage wichtig, auf die die seelische und geistige Entwicklung in den folgenden Jahrsiebten aufbauen kann. Es wird davon ausgegangen, dass Kinder bis zum Alter von ca. sieben Jahren überwiegend durch Nachahmung und die Verarbeitung ihrer Sinneseindrücke lernen. Sie eignen sich die wichtigsten menschlichen Fähigkeiten wie beispielsweise das Gehen oder die Sprache nach dem Vorbild anderer Menschen an. Daraus ergeben sich für den Waldorfkindergarten einige pädagogische Schwerpunkte, auf die im Folgenden eingegangen wird: die Rolle der Erzieherinnen als Vorbild, das freie Spiel, das sinnliche Erleben sowie die Bedeutung von Rhythmus und Wiederholung im Kindergartenalltag.

Da Kinder zunächst alles wertfrei annehmen und nachahmen, was in ihrer Umgebung gesagt und getan, ja gedacht und gefühlt wird, benötigen sie authentische, liebevoll handelnde Bezugspersonen. Von daher kommt den Erzieherinnen im Kindergarten eine außerordentlich wichtige Rolle zu. Sie arbeiten für die Kinder sichtbar und durchschaubar nicht nur in den Gruppenräumen, sondern auch im Garten und in der Küche des Kindergartens. Dabei werden die Kinder nach ihren Möglichkeiten in alle Alltagshandlungen einbezogen, beispielsweise in die Zubereitung eines gesunden Frühstücks und in das Aufräumen. So lernen sie anfallende Arbeiten von Anfang bis Ende kennen und werden dazu angehalten, diese selbst auszuprobieren. Durch die tägliche Erfahrung ihres sinnvollen Handelns bauen sie eine innere Motivation auf und lernen, konzentriert zu arbeiten (Motivations- und Konzentrationskompetenz).

Im gemeinsamen Handeln werden auch soziale Kompetenzen geschult. Die Kinder erfahren am Beispiel der Erzieherin, wie man sich in eine Gemeinschaft eingliedert, Verantwortung übernimmt, Rücksicht übt und mit Konflikten umgeht. So lernen sie, Meinungsverschiedenheiten und Probleme selbständig zu lösen. Durch das Zusammensein mit Kindern aus verschiedenen Kulturkreisen, kommen sie mit fremden Kulturen in Berührung und lernen unterschiedliche ethisch-moralische Wertvorstellungen zu achten.

Im freien Spiel greifen die Kinder das täglich Erlebte auf und bauen es phantasievoll aus. Daher wird im Waldorfkindergarten großer Wert darauf gelegt, der Entfaltung des Spiels Raum und Zeit zu geben. Durch die Erzieherinnen wird ein Umfeld geschaffen, in dem die Kinder konzentriert und ausdauernd tätig sein und ihre Umwelt sinnlich „begreifen“ können. Die Erzieherinnen beobachten sowohl die Gruppe wie auch jedes einzelne Kind dabei sehr genau, sie hören zu, fördern die Eigeninitiative der Kinder, ermutigen und bestätigen sie. Sie lassen sich auf kindliche Spielideen ein und helfen, diese umzusetzen und weiter zu entwickeln. Das Spielmaterial ist einfach und vielfältig einsetzbar: Naturmaterialien wie Tannenzapfen, Kastanien, Aststücke, Steine, Wolle, Muscheln und Schneckenhäuser sprechen alle Sinne an. Die unterschiedlichen Eigenschaften des Materials fördern die Sinnes und Wahrnehmungskompetenz. Formen, Gewicht, Mengen, Rauminhalte und Längenmaße werden spielerisch ergründet und fördern die mathematische Bildung.

Tücher, Bänder, einfache Puppen, gestrickte oder hölzerne Tiere ergänzen das Sortiment. Weniges ist „fertig“, das Meiste kann je nach Bedarf verändert werden: ein Stück Holz, das gerade noch als Bügeleisen benutzt wurde, wird im nächsten Augenblick zum Telefon, danach zum Lastwagen umfunktioniert. So wird die Phantasie angeregt, die die Grundlage des kreativen Denkens und der schöpferischen Kraft darstellt (Phantasie- und Kreativitätskompetenz).
Auch die Farb- und Raumgestaltung soll einem feinfühligen, sinnlichen Erleben Rechnung tragen. Die Zimmer sind in warmen Farben gehalten, die Möbel aus Naturholz. Die Räume werden der Jahreszeit entsprechend gestaltet. Die Einführung in musische Fächer, die Aquarellmalerei und das Harfespiel runden die ästhetische Erziehung ab.

Neben der ästhetischen Erziehung wird im Kindergarten großer Wert auf die Ausbildung einer Körper- und Bewegungskompetenz gelegt. Traditionelle Handarbeiten begleiten die Kinder durch ihre Kindergartenjahre: Weben, Nähen und Plastizieren fördern die feinmotorische Entwicklung und bereiten optimal auf spätere Kulturfertigkeiten wie zum Beispiel das Schreiben vor. Die grobmotorische Bewegung findet ihren Raum einerseits in Alltagsspielen, wie Klettern, Rennen, Hüpfen und andererseits in der Eurhythmie.
In der Eurythmie (griechisch: „schöne Bewegung“) werden Texte und Lieder in Bewegung umgesetzt und damit für Kinder besser spür- und erlebbar gemacht. Zusätzlich fördern Gedichte, Reime, Finger- und Bewegungsspiele das Sprachverständnis und die aktive Sprachkompetenz der Kinder.

Von besonderer Bedeutung in der Waldorfpädagogik sind Rhythmus und Wiederholung. Der regelmäßig wiederkehrende Ablauf eines Tages, einer Woche, eines Jahres gibt den Kindern Sicherheit und Geborgenheit: sich wiederholende Aktivitäten erleichtern die Orientierung in der Lebenswelt „Kindergarten“ und erlauben so die Entwicklung einer Alters entsprechenden Selbständigkeit. Besonders Kindern mit leichten Auffälligkeiten kommt dieser Aspekt zugute.

Der Tagesablauf ist gekennzeichnet durch einen Wechsel von lebendigen und ruhigen Phasen, von Zeiten des freien Spiels und des angeleiteten, strukturierten Arbeitens. Jedem Wochentagsind eine bestimmte Mahlzeit und eine bestimmte kunsthandwerkliche oder musische Tätigkeit zugeordnet. Den Jahreslauf erleben die Kinder intensiv in der Natur, so beim „Einläuten“ des Frühlings, beim Pflanzen von Blumenzwiebeln, bei Spaziergängen im nahe gelegenen Wald oder beim beliebten Schlitten fahren. Dabei bleibt immer Zeit, Entdeckungen zu machen und mit den Elementen zu experimentieren. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zur naturwissenschaftlichen Erziehung.

Besonders wichtig im Jahreslauf sind die Vorbereitung und das Feiern von traditionell christlichen Festen wie in der Weihnachts- und Osterzeit. Auch alte Bräuche wie Michaeli oder das Sonnwendfeuer am Johannitag werden gepflegt. Die Feste werden mit entsprechenden Liedern, Geschichten, Reigen und Tischpuppenspielen gestaltet und intensivieren das Erleben der Jahreszeiten. Die Kinder bekommen auf diese Weise Bilder für das Gute, Schöne und Wahre im Menschen angeboten. Damit werden ihnen in symbolischer Form die christlichen Grundwertevermittelt. Diese können ihnen als Basis für den Aufbau einer individuellen Wertekompetenz dienen.

Wir verstehen unseren Kindergarten als lebendigen Aktionsraum, in dem Kinder Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen entwickeln können und der ihnen die Entfaltung ihres individuellen Potentials ermöglicht. Dies soll frei von störenden Einflüssen, wie Zeit- oder verfrühtem Leistungsdruck, und in liebevoller Begleitung durch Erzieherinnen und Eltern geschehen. So kann die Kindergartenzeit maßgeblich dazu beitragen, Kinder auf die Anforderungen einer modernen Gesellschaft vorzubereiten und ihnen Raum geben, um zu aufmerksamen, wissbegierigen, kreativ denkenden, flexiblen und pflichtbewussten Menschen heran zu wachsen.